Was fällt dir eigentlich zu Usedom ein? Rentnerparadies und Rollatorenhochburg? Hund begraben, Tanztee im Kurhaus und Kaffeefahrten ins Bädermekka? Nein. Naja, gut. Vielleicht ein bisschen, haha. Trotzdem ist die Sonneninsel ein wunderschönes, kleines Eiland vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns und leidet unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen vollkommen zu Unrecht unter einem etwas verstaubten Image. Dabei hat Usedom neben Reetdachhäusern, Bäderarchitektur und grenzenloser Natur noch so viel mehr zu bieten. Hier verrate ich dir, welche Aktivitäten auf Usedom ich wärmstens empfehlen kann!
Obwohl ich nur drei Tage auf der Insel hatte (und obwohl Usedom mich mit seiner entspannten Atmosphäre direkt zum Ausruhen zwingen wollte…), habe ich in der kurzen Zeit eine ganze Menge zu sehen bekommen und wirklich viel erlebt. Ich wollte schließlich keinen Urlaub auf der Sonneninsel machen, nein! Ich hatte eine Mission: Ich wollte meiner Familiengeschichte auf den Grund gehen. Dementsprechend war ich ausnahmsweise mal mehr als gut vorbereitet, hatte mich im Vorfeld durch die Family gefragt und fleißig meinen sehr ergiebigen Reiseführer gewälzt.
Nicht zu vergessen, dass ich auf Einladung von Usedom Tourismus in den Norden gereist war und mich die Pressereferentin Karina Schulz nicht nur zum gemeinsamen Kaffeetrinken, sondern auch zu zwei Bootsfahrten entführt hat. Danke für die tollen Ausflüge und die nette Gesellschaft, liebe Karina! Aber genug geredet jetzt – los geht’s mit meinen Empfehlungen für eine Reise nach Usedom!
Mit dem Zeesenboot aufs Stettiner Haff segeln
Auf der „Romantik“, einem traditionellen Zeesenboot, ging es für uns von Karnin aus auf das Stettiner Haff. Bei strahlendem Sonnenschein brachte uns unsere Skipperin Rika hinaus aufs Wasser, wo wir mit Getränken versorgt wurden und einiges über die Geschichte des Stettiner Haffs, der Region und vor allem der Hubbrücke lernten.
Die Hubbrücke von Karnin ist der mittlere Teil einer Eisenbahnbrücke, die bis zum Zweiten Weltkrieg die Insel Usedom mit dem pommerschen Festland verband. Warum „verband“? Weil die Brücke gegen Ende des Krieges gesprengt wurde, um den Vormarsch der Roten Armee zu verzögern.
Wieso die Brücke allerdings in über 70 Jahren nicht wieder aufgebaut wurde, ist mir schleierhaft – aktuell muss man bei Anreise mit der Eisenbahn von Wolgast ganz im Westen über die gesamte Insel fahren. Wie dem auch sei: Unsere Fahrt mit der „Romantik“ war sehr interessant und wurde sogar noch ziemlich spannend, weil uns das Wetter einen fetten Strich durch die Rechnung machte.
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Als wir mit der Sonne am Himmel starteten, belächelte ich Skipperin Rika noch, als sie meinte, der Himmel sehe nicht so optimal aus. Als sie uns punktgenau zurück an den Anleger brachte und wenige Sekunden später ein mordsmäßiges Gewitter über uns hereinbrach, musste ich mir eingestehen, dass ich als Wetterfrosch eine Totalniete bin. Aber hey, ab sofort weiß ich dank Rika, wie man den Himmel liest.
Die anderthalbstündige Tour auf der „Romantik“ startet von Mai bis Oktober bei entsprechender Nachfrage (mindestens 4 Personen) und kostet pro Nase 16 € bzw. 8 € für Kinder bis 12 Jahre. Hier findest du alle weiteren Infos und die Kontaktdaten von Skipperin Rika Harder, die übrigens auch ein schnuckeliges, kleines Ferienhaus vermietet und private Segeltörns anbietet.
Spaziergang durch die Kaiserbäder
Als Kaiserbäder werden die drei Seebäder Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck bezeichnet, in denen sich unzählige Pensionen, Gaststätten, Kurhäuser und vieles mehr aneinanderreihen. Die drei Ortsteile der Gemeinde „Ostseebad Heringsdorf“ trennen insgesamt nur etwa 5 Kilometer, wodurch sie sich prima für einen ausgiebigen Spaziergang eignen – und um die Bäderarchitektur in Form von alten Villen zu bestaunen!
In Heringsdorf steht außerdem der größte Strandkorb der Welt, der als beliebtes Fotomotiv dient. Auch die berühmte Seebrücke von Ahlbeck und viele andere Motive werden sicher den Weg in deine Kamera finden.
Ich kann nur schwer empfehlen, vorher nichts zu essen, denn entlang der Strandpromenade, der man einfach nur geradeaus folgen muss, gibt es so viele Leckereien, dass ich mir mal wieder einen zweiten Magen gewünscht hätte. Nicht verpassen: ein Fischbrötchen vom Strandimbiss Seebär, mit dem man sich zum Beispiel auf die Stufen eines Strandzugangs setzen kann!
Wenn du in Ahlbeck angekommen bist, kannst du entweder am Strand zurückgehen oder den Bus nehmen – dieser braucht allerdings (er fährt komplett außenrum und hält gefühlte Ewigkeiten am Heringsdorfer Bahnhof) genauso lange wie deine Beine… Bessere Alternative, wenn du eh schon bis Ahlbeck gekommen bist: Geh direkt weiter bis nach Polen!
Ausflug auf die polnische Seite von Usedom
…in beziehungsweise hinter Ahlbeck wird die Strandpromenade zu einem Waldweg (unbedingt an Mückenschutz denken, ich hab echt gelitten!), der einen nach etwa 2 Kilometern an die deutsch-polnische Grenze bringt. Während ich vorher noch am Rätseln war, woran ich die Grenze wohl erkennen würde, hatte sich diese Frage schnell von selbst geklärt, denn es ist absolut unmöglich, sie zu verfehlen.
Auch von dort musst du einfach immer nur geradeaus gehen und erreichst nach etwa weiteren zwei Kilometern den ziemlich trashigen Polenmarkt, auf dem billige Musik die Besucher schon am späten Nachmittag zum Tanzen animiert und alles bunt am Blinken ist. Da mich auch die leicht heruntergekommene Architektur auf der polnischen Seite nicht gerade vom Hocker gehauen hat, bin ich schnurstracks zum breiten Sandstrand gelatscht (einfach einmal quer über den Markt) und von dort aus bis zum Hafen von Swinemünde.
Wer auf der Suche nach sehr guter polnischer Hausmannskost ist, wird dort im Restaurant Magiczna Spizarnia fündig, wo man für wenig Geld extrem gastfreundlich bedient und pappsatt gemacht wird und sauleckere traditionelle Spezialitäten testen kann. Die Mixplatte Pierogi reicht beispielsweise locker für drei Personen (oder man lässt sich eben die Reste einpacken *hüstel*) und kostet gerade einmal um die 7€. Wer zurück nicht auch noch zu Fuß gehen möchte, nimmt tagsüber den Bus. Nach etwa 20 Uhr bleibt fast nur noch ein Taxi – ich habe mich vom Hafen in Swinemünde bis zu meiner Pension in Bansin fahren lassen und 18€ bezahlt.
In der Inselkäserei Usedom bei der Herstellung zuschauen
Steffen Schultze hat die Käseherstellung in der Schweiz gelernt, lebt seit 2001 auf der Insel Usedom und lässt sich bei der Arbeit fast täglich über die Schulter schauen. Der Produktionsbereich der Inselkäserei ist umgeben von großen Glasfenstern, durch die man einen Blick auf die Kunst der Käsefertigung werfen kann. Dort hängen auch Fotos und Erklärungen, durch die man jeden einzelnen Schritt nachvollziehen kann. Bei Fragen aller Art bekommst du im Verkaufsraum nebenan Antworten geliefert und hast die Möglichkeit, die verschiedenen Käsesorten zu probieren.
Die Inselkäserei Usedom ist montags bis freitags von 10-17 Uhr und sonntags von 13-17 Uhr geöffnet (im Sommer immer eine Stunde länger), die Produkte kann man auch in den EDEKA-Märkten der Insel kaufen. Nur für echte Käseliebhaber, denn der intensive Geschmack manch einer Käseprobe hat mir fast die Schuhe ausgezogen – ich persönlich bevorzuge daher den „Usedomer Jung“. Weintrinker erhalten den passenden Tropfen übrigens auch direkt zum Käse dazu, im Verkaufsraum werden diverse Sorten angeboten.
Fahrradtour durch die Usedomer Schweiz
So, jetzt raten wir mal alle, wieso die Usedomer Schweiz so heißt, wie sie heißt? Nein, die Inselkäserei hat damit nichts zu tun, haha. Den liebevollen Namen hat die Region dank ihrer vielen Hügel bekommen, die zwar eigentlich recht harmlos aussehen, einem gewillten Radfahrer aber durchaus den Wind aus den Segeln nehmen können.
Die Usedomer Schweiz beginnt im Hinterland der Kaiserbäder und zieht sich quer zwischen Gothensee und Achterwasser hindurch. Unterwegs begegnet man tollen Reetdachhäusern, scheinbar endlosen Wiesen… und vielen Tieren. Zum Beispiel Ferkel. Oh. Mein. Gott. Ich liebe Ferkel, die sind sooo süüüß. Bisschen dumm nur, dass ich vorher an einem riesigen Schild „Spanferkel All You Can Eat“ vorbeigefahren bin…
Während ich meiner Familiengeschichte auf den Grund gegangen bin, habe ich insgesamt etwa 44 Kilometer zurückgelegt und musste des Öfteren die Hügel hochschieben, um dank der Sturmböen, die mir entgegenklatschten, nicht eher rückwärts zu fahren. Trotzdem oder auch gerade deswegen solltest du dir eine Fahrradtour auf Usedom auf keinen Fall entgehen lassen: Die Landschaft ist einfach atemberaubend! Ein Fahrrad kannst du dir beispielsweise fast überall entlang der Seestraße in Bansin für ungefähr 5-7 € pro Tag ausleihen.
Das Wasserschloss Mellenthin besuchen
Die Fahrradtour durch die Usedomer Schweiz kannst du dann auch direkt mit einem Besuch im Mellenthiner Wasserschloss kombinieren. An der Brücke entrichtest du einen Wegzoll von 2€ und bekommst dafür eine Wertmarke, die du im Café verrechnen lassen kannst. Im Schloss beziehungsweise im Hof finden regelmäßig verschiedene Veranstaltungen wie ein „Mittelalterliches Ritterbuffet“ oder ein „Piraten Spektakel“ statt.
Habe ich schon mal erwähnt, dass ich sowas total liebe? Events wie das Sparrenburgfest in Bielefeld, das Mittelalterlich Phantasie Spectaculum oder den Piratenweihnachtsmarkt in Bremen lasse ich mir ungern entgehen! Ins Wasserschloss Mellenthin muss ich also irgendwann nochmal für so eine Veranstaltung zurückkehren, denn die Location eignet sich ganz sicher bestens dafür!
Neben dem Restaurant und dem Hotel sind an das Wasserschloss Mellenthin übrigens auch eine Kaffeerösterei und eine hauseigene Brauerei angeschlossen. Gut, der aufmerksame Blogleser wird sich jetzt natürlich daran erinnern, dass ich weder Kaffee noch Bier mag.
Aaaber: Im Schloss werden sogar Limonaden hergestellt und bei einer eiskalten Cola als Erfrischung während einer anstrengenden Fahrradtour sage ich natürlich nicht Nein. Ich wäre ja auch lieber Weinkenner (hat schon Stil, oder?!), aber gut, dann bin ich eben Colakenner. Ist auch okay. Und Colakennerin Caro sagt, dass diese Cola echt genial war – nicht zu süß, leicht herb, kein Kleben im Abgang, haha.
Ab Anklam eine Fahrt mit dem Solarboot machen
An meinem letzten Abend ging es runter von der Insel: In Anklam, auf dem Festland, befindet sich das Abenteuer Flusslandschaft, das ganz im Sinne des nachhaltigen Tourismus verschiedene Ausflüge ins Peenetal anbietet. Die Flusslandschaft in Vorpommern wurde sogar mit dem Europäischen Tourismuspreis EDEN Award ausgezeichnet – hier kann man stundenlang über das Wasser schippern und die Stille der Natur genießen.
Wir starteten unsere Peenesafari im Solarboot um 19 Uhr und fuhren dem Sonnenuntergang entgegen – mit an Bord: ein Buffet mit vielen regionalen Leckereien, Ferngläser und zwei Biologen, die uns ihr geballtes Wissen über das Ökosystem Peene verrieten. Neben Biberbauen und diversen Vögeln hatten wir sogar das Glück, auf ein schwimmendes Wildschwein beziehungsweise eine schwimmende Wildschweinnase zu treffen.
Die Farben des Sonnenuntergangs oberhalb der Peene sind wunderschön und das war mal wieder einer der Momente, in denen ich mir Simon an meiner Seite gewünscht hatte. Romantik pur! Die Fahrt mit dem Solarboot dauert 2,5 Stunden und kostet pro Person 35€ (Kinder zahlen 25€).
Abenteuer Flusslandschaft bietet noch jede Menge anderer Bootsfahrten, Kanutouren, Wanderungen und vieles mehr an – wenn es mich mal wieder nach Anklam verschlägt, werde ich also ganz sicher meine bessere Hälfte mitnehmen, ein Doppel-Kajak ausleihen und auf eigene Faust durch das weitverzweigte Flussnetz paddeln. Das Schietwetter-Angebot mit Wellness und beheizter Freiluftbadewanne steht schon ganz weit oben auf der Ideenliste für unseren Hochzeitstag im Dezember!
Hast du noch weitere Tipps für eine Reise nach Usedom?
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