Nach dreitägiger Zwangspause in Burgos ist Steve wieder fit und wir können unseren Camino endlich fortsetzen. Wir verlassen die Großstadt und starten in die staubige Meseta, die noch bis León andauern wird. Die Wege sind eben und mit jeweils 20 Kilometern easy zu bewältigen. Trotzdem gibt es zwei Probleme: Erstens haben wir uns ganz schön an unser Komfort-Upgrade gewöhnt. Und zweitens fragen wir uns, woher auf einmal wieder so viele Pilger kommen – denn sowohl in Hornillos del Camino als auch in Castrojeriz haben wir echte Schwierigkeiten, überhaupt eine Herberge zu finden.
Es fällt uns verdammt schwer, am Morgen unser Zimmer im Hotel Cordón* zu verlassen. Nach drei Nächten im schieren Luxus sind wir nicht sonderlich erpicht darauf, unseren neugewonnenen Komfort gegen Bunk Beds in großen Schlafsälen einzutauschen. Wir sind nun schon zwei, die sich die Frage stellen, wieso man sich so eine wochenlange Wanderung antut, obwohl man die Zeit auch irgendwo am Strand verbringen und es sich gutgehen lassen könnte.
Aber auch wenn wir beide immer noch nicht so genau wissen, was einen auf dem Jakobsweg jeden Tag aufs Neue antreibt, gehen wir einfach los. Der Camino führt uns noch einmal quer durch Burgos – über den Plaza Mayor und vorbei an der Kathedrale. Bye bye, Big City Life, in mindestens der nächsten Woche werden wir quer durch die Pampa latschen und uns mehr oder weniger von der Zivilisation verabschiedet haben.
Ich bereue es zu keiner Minute, dass ich mit Steve in Burgos geblieben bin: Wir sind schon nach wenigen Tagen ein wirklich eingespieltes Team und verstehen uns die meiste Zeit über auch ohne Worte – wobei es mir mit Worten natürlich meist lieber ist, haha. Wir haben die gleichen (eigentlich recht niedrigen) Ansprüche an unsere Unterkünfte, sind grundsätzlich auf der Suche nach dem gleichen Essen und schaffen es sogar, uns nicht auf die Nerven zu gehen, obwohl wir 24 Stunden am Tag aufeinanderhängen.
Während ich anfangs manchmal nicht sicher war, ob ich den eher schüchternen Steve mit meiner ziemlich quirligen Art in den Wahnsinn treibe, verschwende ich mittlerweile gar keinen Gedanken mehr daran. Mal quatschen wir pausenlos, mal gehen wir ein paar Minuten allein und treffen uns ein paar Meter weiter wieder – und mal laufen wir auch einfach schweigend nebeneinander her, ohne dass die Stille irgendwie unangenehm wäre.
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Altersunterschied ist in: Unterwegs als neues Traumpaar
Wir amüsieren uns trotz regelmäßiger Schmerzen und typischer Jakobsweg-Wehwehchen prächtig und lachen viel zusammen. Als Steve mir eine WhatsApp-Nachricht einer Freundin unter die Nase hält, kann ich einen Lachanfall nicht unterdrücken. Der Wortlaut ist in etwa dieser: „Alter, Steve, bist du von allen guten Geistern verlassen? Du weißt schon, wie das aussieht, wenn du nach deiner Wanderung mit einer 20 Jahre jüngeren Freundin wiederkommst?“
Einen Moment lang, weiß ich gar nicht, wie sie darauf kommt. Dann dämmert es mir: Sie hat ganz sicher das Selfie gesehen, das wir am Vortag auf Facebook gepostet hatten. Leider klärt Steve sie viel zu schnell auf. Ich wäre ja stark dafür gewesen, vorerst einfach ein „Nicht 20 Jahre. 25!“ mit Sonnenbrillen-Smiley zurückzuschicken, haha.
Auf dem Weg aus der Stadt hinaus halten wir Ausschau nach einem Ort, an dem man noch einen Snack einkaufen kann. Überall riecht es nach frischgebackenem Brot und uns läuft das Wasser im Mund zusammen. Alle paar Meter gibt es eine Bäckerei und wir freuen uns schon auf ein leckeres Frühstück. Die Sache hat nur leider einen Haken: Keine einzige der Bäckereien hat um diese Uhrzeit (hallo, es ist fast neun Uhr?!) schon geöffnet, wohingegen die Einheimischen bereits fleißig frischen Fisch kaufen, dessen Geruch aus den pescaderías uns so früh am Morgen nicht wirklich zusagt. Spanien ist manchmal echt verrückt.
Jakobsweg: Und plötzlich ist es Herbst
Wir verlassen Burgos entlang der Universität, welche an einem kleinen Park liegt. Wann ist es eigentlich Herbst geworden? Am Wegesrand türmt sich das bunte Laub, die Bäume sehen ziemlich abgegrast aus und es liegt eine Feuchtigkeit in der Luft, die so gar nicht zu unseren Erinnerungen der letzten Etappen passt. Wir haben doch eigentlich nur zwei Tage pausiert, aber offenbar hat der Wettergott in der kurzen Zeit von Sommer auf Herbst umgeschaltet. Der Park, den wir durchqueren, erinnert jedenfalls eher an Schottland und wir warten nur noch darauf, dass jeden Moment ein Hogwarts-Schüler aus der Universität um die Ecke biegt.
Der Jakobsweg unmittelbar HINTER Burgos ist genauso spannend wie der Jakobsweg VOR Burgos: gar nicht. Die Stadt scheint in einem Umkreis von etwa zehn Kilometern alles Schöne aufgefressen haben, was für einen Pilger gegebenenfalls interessant sein könnte. Die Landschaft ist hässlich, man muss an vielen riesigen Straßen vorbei und eine noch hässlichere Brücke unterqueren. Steve, seines Zeichens größter Hunde-Fanatiker, den ich je kennengelernt habe, stört das allerdings nicht sonderlich, denn er hat für den langen Feldweg einen neuen Spielgefährten gefunden.
Tierische Beschäftigung auf dem Camino Francés hinter Burgos
Der störrische Wauwau einer Spaziergängerin hat offensichtlich nur wenig Spaß an seinem Ausflug und weigert sich konsequent, seinen Hintern zu bewegen. Als Steve anfängt, Gegenstände für ihn über den Weg zu kicken, ist er allerdings ganz begeistert dabei und galoppiert schwanzwedelnd den fliegenden Steinen hinterher. An der nächsten Gabelung verschwindet die Besitzerin mit dem Hund in die andere Richtung, was ich persönlich nicht wirklich schade finde, denn Hunde und ich sind bekanntlich nicht die besten Freunde. Steve hingegen hält mir plötzlich etwas vor die Nase. Ich weiß für einen kurzen Moment nicht, was er von mir möchte, nehme das Kettchen aber in die Hand und werde augenblicklich traurig.
Die metallische Platte ist eine Hundemarke und ich kann mir schon denken, was es bedeutet, wenn sich eine Hundemarke nicht mehr an dem Hund befindet, der sie mal irgendwann getragen hat. Steves flauschiger bester Freund musste vor einiger Zeit wegen eines Tumors eingeschläfert werden – einer der vielen Gründe, wieso sich mein neuer australischer Kumpel für den Jakobsweg entschieden hat.
Camino Francés: Beweggründe für den Jakobsweg
Die Hundemarke trägt er die ganze Zeit bei sich und überlegt noch, ob er sie später entweder zu den Sorgensteinen ans Cruz de Hierro legen oder bei Finisterre in den Ozean werfen soll. Ausnahmsweise fehlen mir mal die Worte. Für mich ist ein Hund eben ein Hund. Für einen Hundefreund, der selbst keine Kinder und viele Jahre mit seinem Vierbeiner verbracht hat, muss so ein Verlust allerdings total schrecklich sein. Ich selbst habe ja sogar schon geflennt, als vor ein paar Jahren mein Hamster gestorben ist und das ist wirklich eine Lachnummer dagegen.
Nachdem Steve mir die Geschichte von seinem Hund erzählt hat, schiebt sich bei uns beiden ein aktuell viel dringlicheres Problem in den Fokus: Unsere Mägen knurren ganz gewaltig, schließlich gab es seit Kilometern keine einzige Bar am Wegesrand. Total ausgehungert erreichen wir Tardajos und haben damit schon ziemlich genau die Hälfte der heutigen Etappe geschafft.
Wir entscheiden uns für eine ausgiebige Pause in der erstbesten Bar am Ortseingang, bestellen Sandwiches, gebratene Champignons, Tortilla de Patatas, Limonade und frischen Orangensaft. Die Stunde, in der wir uns gierig über das Essen hermachen und unsere Füße entspannen, geht – wie immer – viel zu schnell vorbei, aber wir motivieren uns gegenseitig für den zweiten Teil unserer Wanderung.
Jakobsweg: Was geht da bitte ab mit den Klimazonen?
Gegen Mittag wird uns schlagartig bewusst, was es mit der ominösen Meseta zwischen Burgos und León auf sich hat. Wir sind nämlich gerade mittendrin. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Am Morgen war es nasskalt, ein dicker Nebel hing über Burgos und es sah ganz gewaltig nach Herbst aus. Nun wandern wir wieder über staubige Wege und es ist so heiß, dass wir gar nicht so viele Klamotten ausziehen können, wie wir gerne würden. Steve schmiert sich ständig mit Sonnencreme ein, bis sein ganzes Gesicht unter einem weißen Film verschwunden ist.
Unsere Kehlen sind trotz kontinuierlicher Wasserzufuhr so trocken, dass wir es kaum erwarten können, in Hornillos käuflich ein eisgekühltes Getränk zu erstehen. Mein Kreislauf ist ganz schön wabbelig. Die Sonne blendet uns ins Gesicht. Nicht nur, dass wir viel zu träge zum Fotografieren sind… Qualitativ hochwertige Fotos sind bei diesem krassen Licht nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Irgendwo auf dem Feld neben uns steht ein einzelner Baum. Mitten im Nichts. Das Bild, das sich uns bietet, wirkt wie eine Fata Morgana und fasst perfekt zusammen, unter welchen Umständen wir hier gerade durch die spanische Wüste stapfen.
Als wir endlich in Hornillos del Camino ankommen, sind wir uns einig, dass dies der heißeste Tag ist, seit wir den Jakobsweg gestartet sind. Am einzigen Tanta-Emma-Laden des kleinen Ortes (der quasi nur aus einer winzigen Straße besteht) lassen wir uns erschöpft auf eine Bank fallen.
Steve hastet nach drinnen und kommt kurz darauf mit einer Flasche Wasser und einer eisgekühlten Dose Cola zurück – meine leichte Sucht nach der koffeinhaltigen Zuckersünde ist ihm natürlich nicht verborgen geblieben. Während er mir vor ein paar Tagen noch stolz verkündet hat, dass er seit sieben Jahren keine Cola mehr getrunken hat, zögert er nun einen Moment – und nimmt einen kräftigen Schluck aus meiner Dose.
Überfüllung auf dem Jakobsweg: Die letzten Betten gehören uns!
Ich muss lachen, denke aber im gleichen Moment daran, dass wir noch gar kein Bett haben. Ich hüpfe kurz gegenüber in die Herberge und komme ernüchtert wieder. Voll. Die nächste Albergue hat noch genau drei Stockbetten und ich lasse uns für eine Minute zwei davon vormerken – wir müssten uns schnell entscheiden, da vor der Tür schon weitere Pilger ankommen. An den anderen Unterkünften hängen bereits Schilder: completo.
Es ist noch früh am Nachmittag, aber der gesamte Ort ist bereits ausgebucht. Also sprinte ich zurück zu Steve und den vielen Gegenständen, die wir wahllos auf die Bank geschmissen haben. Schnell, schnell, letzte Chance. Wir sind happy, dass wir im Hostel Meeting Point tatsächlich die allerletzten Betten in Hornillos del Camino bekommen – und haben gleichzeitig Mitleid mit denen, die nun bis zum nächsten Ort weitergehen müssen…
Mit einem Blick aufs Handy wird mir klar, dass wir tatsächlich in der totalen Einöde angekommen sind. Das WLAN des Hostels fällt ständig aus und die Netzabdeckung ist so katastrophal, dass auf dem Bildschirm dauerhaft ein „Nur Notrufe“ steht. Scheiß drauf, ich lege mich erst einmal eine Runde schlafen und bringe meinen Kreislauf wieder in Ordnung… Gesagt, getan.
Ich penne sofort ein und werde erst wach, als die Anmeldefrist für das Abendessen schon abgelaufen ist. Shit. Glücklicherweise hatte Steve wohl noch mehr Energie als ich und hat sich bereits den ganzen Ort angeschaut: Es gibt neben den Herbergen tatsächlich nur eine einzige kleine Bar, ein Rathaus und eine Kirche.
Vegetarisch auf dem Camino = das Fleisch raussuchen
Ganz beiläufig erwähnt er irgendwann, dass er uns zum Abendessen angemeldet hat. Vegetarisch sei auch gar kein Problem, habe die Mitarbeiterin gesagt. Später stellt sich raus, dass „vegetarisch ist gar kein Problem“ bedeutet, dass das Hähnchen einfach nachträglich von der Paella genommen wird, bevor man uns den Reis serviert. Na, egal. Wer als Vegetarier auf dem Camino nicht verhungern will, sollte besser in Kauf nehmen, dass 100% vegetarisch manchmal halt nicht drin ist.
Um am nächsten Tag schon vor der Mittagshitze in Castrojeriz anzukommen, nehmen wir uns vor, früh aufzustehen und nicht lange zu trödeln. Das fällt uns morgens gar nicht so schwer, denn Steve hat bei dem Geschnarche im Raum beschissen geschlafen, flucht ein bisschen über unser Komfort-Downgrade und kann es kaum erwarten, die Herberge zu verlassen.
Mit Schrecken stelle ich fest, dass sich unter der harten Haut meines eigentlich abgeheilten kleinen Zehs eine neue Blase gebildet hat. Gut zu wissen. Eine zweite Blase unter einer alten Blase ist also möglich. Wie das passiert sein kann, erschließt sich mir nicht wirklich, denn ich trage ja gar keine Schuhe mehr, die an dieser Stelle reiben könnten. Aber nun ja, die Blase ist definitiv da und wird fachmännisch abgeklebt.
Camino Francés: Früher Start nach Castrojeriz
Zum ersten Mal seit ein paar Tagen verlassen wir die Herberge mal wieder bei kompletter Dunkelheit und werden auf dem Feldweg irgendwann von einem Sonnenaufgang überrascht, der den Himmel in die schönsten Farben taucht. Genau das ist jeden Tag aufs Neue einer der schönsten Augenblicke: wenn man beim Gehen noch auf den Mond blickt und dabei bereits die Sonne im Rücken spürt.
Nachdem wir uns nun schon oft die Frage gestellt haben, wie so ein Sonnenblumenfeld auf dem Jakobsweg wohl aussehen würde, wenn die ganzen Blumen nicht schon komplett schwarz verblüht wären, bekommen wir heute auch endlich eine Antwort. Die Blüten sind zwar auch hier auf dem Weg von Hornillos nach Castrojeriz nicht mehr in Bestform – haben sich das schöne Gelb und Braun allerdings noch bewahrt.
Während die Sonnenblumen auf dem Jakobsweg sicher schon bessere Zeiten erlebt haben, laufen Steve und ich zu Höchstform auf. Als es gerade erst so richtig hell geworden ist, sind wir bereits in Hontanas angekommen und haben damit schon über die Hälfte der Tagesetappe geschafft. In der Albergue Juan de Yepes setzen wir uns in den weitläufigen Garten und frühstücken ausgiebig.
Ich wäge kurz ab, ob ich um diese Uhrzeit wohl schon eine Cola trinken kann – und hole mir dann nach meinem Orangensaft eine kleine Flasche. Als ich zurückkomme, ist Steve am Lachen: „Herrlich, dass du darüber nachdenkst, ob eine Cola okay ist. Der da vorne trinkt schon sein zweites Bier!“
Jakobsweg Motivation: „Sooo weit sind wir schon gegangen!“
Bevor wir uns wieder auf den Weg machen, knipst Steve noch ein paar Fotos vom idyllischen Hontanas. In dem kleinen Dorf gibt es nicht viel, aber irgendwie gefällt es uns dort sehr gut. Bleiben steht allerdings nicht zur Debatte, wir müssen schließlich mal wieder ein paar Kilometer aufholen. Die große Motivation kommt am Ortsausgang: Auf einer Garagenwand hat jemand eine grobe Karte vom Jakobsweg aufgemalt. Die Hälfte haben wir zwar noch nicht ganz geschafft, aber wenn man Start- und Zielpunkt der bisherigen Wanderung mit kurzen Caro-Armen kaum noch gleichzeitig erreichen kann, ist das schon mal ein ganz schönes Stück, haha.
Jammern auf dem Jakobsweg: „Sind wir schon da?“
So easy der Weg bis nach Hontanas auch war: Kurz vor Castrojeriz wird die Frage „Are we there yet?“ zu unserem ab sofort gültigen Credo. Wir passieren die Ruinen des alten Klosters San Antón und sehen kurz aus der Ferne darauf bereits das castillo auf dem Berg thronen. Steve grinst diabolisch: „Was meinst du, machen wir da noch einen Nachmittagsausflug hin?“ – Natürlich ist die Frage nicht ernst gemeint und ich zeige ihm belustigt einen Vogel.
Auch wenn es nicht so aussieht, sind es noch einige Kilometer bis in den Ort. Die Straße zieht sich endlos und wir haben das Gefühl, dass das Ziel kein bisschen näherkommt. Und das, obwohl wir es schon seit Ewigkeiten sehen.
Als wir endlich den Ortseingang von Castrojeriz passieren, wollen wir kurz jubeln – merken aber dann, dass die Gemeinde schlauchförmig verläuft und die Straße bergauf führt. Bis wir das Zentrum des Ortes erreicht haben, dauert es also noch einmal eine ganze Weile. Wir fragen in ein paar Herbergen nach, ob es zufällig noch ein Privatzimmer gibt, denn Steve will das Risiko von Schnarchern im Raum so gering wie nur irgendwie möglich halten.
Es ist allerdings schon alles ausgebucht, was man im Voraus buchen konnte, und wir fragen uns von Herberge zu Herberge. In einer dann endlich die Erlösung: Ja, es gibt noch ein Zimmer für knapp 40 Euro. Wir warten und warten. Nach einem Telefonat mit seinem Chef stellt sich allerdings heraus, dass das eine Falschinformation war – wir könnten höchstens ein Zimmer für über 70 Euro im angeschlossenen Hotel haben. Nee, das ist jetzt nicht so das, was wir uns vorgestellt hatten.
Camino Francés: Maria und Josef auf dem Jakobsweg
Egal, dann nehmen wir eben doch einen Schlafsaal, denken wir uns. Aber… Pustekuchen. Nur wenige Minuten später sind auch die Bunk Beds in den umliegenden Herbergen komplett vergeben. Das gibt es doch gar nicht, es ist doch noch total früh! Wir fragen uns von Tür zu Tür und ich komme mir allmählich vor wie Maria in der Weihnachtsgeschichte – okay, ich bin nicht schwanger und habe auch keinen Esel, aber du weißt, was ich meine. Nach langer Suche und als wir schon kurz davor sind, zurück zum Hotel zu gehen, finden wir in der Albergue de San Esteban noch einen Platz. Genau genommen mal wieder die letzten beiden Betten.
„Reist ihr zusammen?“, fragt mich der Hospitalero auf Spanisch und ich verstehe die Frage zuerst nicht so ganz. Also, klar, die Frage verstehe ich, aber nicht, warum er das fragt. Als ich mit einem Ja antworte, strahlt er – offenbar erleichtert ihm das gerade die Zimmerplanung. Die Herberge besteht nämlich aus nur einem einzigen Raum mit dreißig Betten und die, die wir nun bekommen, sind quasi zu einem großen Bett zusammengeschoben. Achso, jetzt verstehe ich die Frage, haha. Alles kein Problem!
Jakobsweg: Nicht d’accord mit Hape Kerkeling
Wir sind froh über die für 5 Euro sehr guten Matratzen und die saubere Unterkunft. Auch wenn ein Hotel natürlich netter ist: Ich frage mich immer wieder, wieso Hape sich in seinem Buch so oft über die Schlafsäle auf dem Jakobsweg aufgeregt hat. Die Schnarcher sind zwar in der Tat häufig schwer zu ertragen, aber ansonsten sind die meisten Herbergen echt schwer in Ordnung und machen den Camino ein Stück weit auch zu dem, was er ist.
Am Nachmittag gehen wir noch etwas auf Entdeckungsreise in Castrojeriz. Vorher brauchen wir aber dringend neues Bargeld und suchen einen Geldautomaten. Wie so oft entlang des Jakobsweges wollen manche Banken wieder eine horrende Automatengebühr von bis zu 5 Euro – das sehe ich aber gar nicht ein und suche noch etwas weiter, bis ich bei der Caja Rural kostenlos Geld abheben kann.
Spiritualität auf dem Jakobsweg: Das Hospital of the Soul
Auf dem Weg zum Abendessen kommen wir an einer unscheinbaren Tür vorbei, die ich glatt übersehe. Steve bemerkt sie aber und ist neugierig genug, den Kopf in den Eingangsbereich zu stecken. Draußen steht, man sei herzlich willkommen – es sei drinnen aber verboten, Fotos zu machen oder das Handy zu benutzen. Wir haben keine Ahnung, was uns erwartet, und werden von einem wunderschönen Haus mit meditativen Klängen, einem Garten mit Springbrunnen, vielen kleinen Sitzecken und herrlich motivierenden Zitaten an den Wänden überrascht.
Wir verbringen einige Minuten an diesem Ort der Ruhe und so gern ich auch ein Foto machen würde: Ich widerstehe der Versuchung und knipse nur ein Foto von der Tür. Wenn du mal in Castrojeriz sein solltest, musst du dir das Hospital of the Soul, das von einem Australier geführt wird, unbedingt anschauen und dort neue Kraft tanken! Auf der Terrasse der Bar El Fuero essen wir leckere Tapas und trinken richtig guten Sangria, während neben uns in den endlosen Weiten der Landschaft die Sonne untergeht. Wir müssen uns beeilen, vor der Sperrstunde zurück in der Albergue zu sein – andernfalls würde uns eine Nacht im Freien und ohne unsere Sachen bevorstehen… Wieder ein Tag vorbei auf dem Jakobsweg. Die nächste Etappe auf dem Weg nach Santiago kann kommen!
Gespannt, wie es weitergeht? Hier findest du die achtzehnte und neunzehnte Etappe.
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Super schöne Berichte deines Jakobsweges. Komme gerade selber von meiner zweiten Pilgerreise zurück :).
Ganz liebe Grüße,
Carolina
Hey Carolina,
oh wie cool, dann gucke ich doch mal direkt rein, was du so erlebt hast 🙂
Schöne Grüße,
Caro