Unglaubliche 10 Monate ist es schon her, dass ich zuletzt etwas auf meinem Blog veröffentlicht habe. So lange, dass ich gerade erst einmal alle Updates machen musste und nun vor einem aktualisierten Text-Editor sitze, der mir gänzlich fremd ist. Und trotzdem macht mein Herz schon bei diesen ersten Zeilen nach dem „Comeback“ einen so großen Hüpfer, dass ich eines ganz sicher weiß: Ich muss in nächster Zeit unbedingt wieder regelmäßig schreiben. Was im letzten Jahr alles bei mir (beziehungsweise uns) passiert ist, erfährst du in diesem Blogbeitrag.

Hätte uns zu unserem Weltreisestart letztes Jahr jemand gefragt, wo wir uns in einem Jahr sehen, hätte unsere Vorstellung ganz bestimmt nicht so ausgesehen wie die aktuelle Realität. Denk jetzt bitte nicht, dass wir irgendeinen unserer Schritte bereuen. Wir haben zwar nicht nur einmal die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und waren auch nicht nur einmal mit unserem Latein am Ende, aber bereuen tun wir nichts. Das liegt vor allem daran, dass uns die vielen Hochs und Tiefs und die ganzen Erlebnisse so eng zusammengeschweißt haben, dass unsere Beziehung zueinander noch nie besser war.

Das letzte Jahr im Schnelldurchlauf:

Für einen „Reiseblog“ eher untypisch, aber ausgerechnet das Thema „Reisen“ möchte ich heute einmal sehr, sehr kurz fassen. Warum? Weil unsere bisherige Reise eher weniger eine klassische Weltreise war, sondern vielmehr eine Reise zu uns selbst. Die aber bisher auch noch keineswegs abgeschlossen ist, denn je mehr wir über unser Leben nachdenken, desto mehr Fragezeichen tun sich manchmal auf. Und desto mehr lernt man auch, sich selbst und sein Handeln immer wieder zu reflektieren.

Geographisch gesehen waren wir im letzten Jahr drei Monate lang in Mexiko. Eigentlich wollten wir in diesen drei Monaten fast ganz Mittelamerika abklappern, aber uns hat Mexiko gefallen und wir sind ja auch nicht auf der Flucht. Also sind wir von der Yucatán-Halbinsel aus nach Palenque und San Cristóbal de las Casas gefahren, anschließend an die Pazifikküste, nach Oaxaca und Mexiko-Stadt.

Da ich nach meiner Iran-Reise nicht mehr einfach so in die USA einreisen (und übrigens auch nicht an einem der Flughäfen zwischenlanden) darf, gestaltete sich die Rückreise etwas schwieriger, denn Mexiko ist so eng mit den USA verbunden, dass es kaum einen Flug gibt, der nicht über die Staaten geht. Also konnte ich Simon davon überzeugen, über Kanada (Montreal, Ottawa, Toronto, Niagarafälle) zu fliegen. Dort waren wir dann noch für einen Monat und obwohl Simon eigentlich nur zähneknirschend „Ja“ gesagt hatte, war er letztendlich sogar noch begeisterter von dem Land als ich selbst.

Den Sommer haben wir (als hätten wir es gewusst…) in Deutschland verbracht und waren total begeistert von den Temperaturen. Wir haben Freunde und Familie besucht, haben für ein paar Wochen in Berlin, Dresden und Köln gewohnt, waren mit einer Freundin auf dem Vogelball in Hamburg und mit einem Freund in der Sächsischen Schweiz wandern. Mit einem befreundeten Pärchen ging es außerdem auch noch für einen Roadtrip nach Kroatien und ab September waren wir dann wieder „so richtig“ in der Welt unterwegs: Singapur, Malaysia und Thailand standen noch auf unserer Liste. Pünktlich zu unserem Hochzeitstag waren wir dann wieder wie gewohnt in Köln.

Selbstfindung – oder: Die eigentliche Reise

So viel zum geographischen Part. Du wirst hier ganz sicher bald auch wieder ausgeschmückte Reiseberichte lesen. Eventuell schreibe ich auch noch genauer über die Reisen des letzten Jahres. Aber wenn, dann eher in dem Stil, in dem ich auch meine Berichte vom Jakobsweg geschrieben habe. Ohne Werbung, ohne Clickbait, ohne SEO-Grammatikfehler und ohne „Ich muss das jetzt so formulieren, dass es möglichst viele Leute lesen“. Dafür mit echten Gefühlen, mit viel Liebe zum Schreiben und teilweise vermutlich auch wieder mit viel zu langen Schachtelsätzen.

Eins habe ich nämlich für mich festgestellt: Schreiben? Ja! Mich dabei irgendwelchen Regeln oder Vorgaben fügen? Nein! Und so sieht es auch mit Social Media aus, denn ich hasse es einfach. Ich finde es schrecklich, ständig insgeheim den Druck zu haben, irgendetwas filmen, fotografieren oder posten zu müssen. Genauso schrecklich wie das permanente Filmen von Feuerwerken, Sonnenuntergängen und so weiter. Jeder wie er möchte, aber das ist nicht meine Welt.

Und das ist auch einer der Gründe, wieso wir von unserer bisherigen Reise gar nicht so viele Fotos haben. Weil wir – ungelogen – oft die Einzigen waren, die den Sonnenuntergang nicht durch ihr Display genossen haben. Dieses Thema scheint sich übrigens gerade großer Beliebtheit zu erfreuen, denn im Januar hat mich der Deutschlandfunk zu einem Radio-Interview eingeladen und neulich kam sogar eine Anfrage vom Fernsehen. Ach ja, in der Zeitung war ich kurz vor Weihnachten auch noch.

Fragen über Fragen: Wo soll die Reise denn eigentlich hingehen?

Wir sind jetzt seit ungefähr 15 Monaten unterwegs. Seit etwa 21 Monaten haben wir schon keine eigene Wohnung mehr. Wir waren öfter wieder in der Heimat, als unsere Familie das vermutlich von uns erwartet hat. Auf die Frage, wie lange wir das jetzt noch so machen wollen, haben wir immer noch keine Antwort. Und auch auf so viele andere Fragen haben wir keine Antwort. Wenn ich meine ganzen Gedanken dazu jetzt in einem Fließtext verfassen würde, hätten wir hier hinterher einen hundertseitigen Monolog. Von daher: Ich fasse mich kurz.

  • Die Sache mit dem Reisen. Wir reisen immer noch, aber anders. Nachdem wir letzten Sommer in unserer Heimat ohne eigenes Auto total aufgeschmissen waren, haben wir uns nach unserer Asien-Reise wieder ein Gefährt zugelegt und daraufhin Freunde in Köln, Koblenz und Nîmes besucht. Aktuell sind wir in Jávea in Spanien und genießen den verfrühten Sommerbeginn. Wir bleiben deutlich länger an einzelnen Orten und interessieren uns nicht mehr sonderlich für „Must-See-Places“. Wir reisen also nicht viel mehr als früher, sondern haben immer für mehrere Wochen einen festen Ausgangspunkt, von wo aus wir mehr oder weniger „normal“ arbeiten. Es gibt nach wie vor unglaublich viele Orte, die wir noch sehen wollen, aber das hat momentan keine Priorität. Für dieses Jahr habe ich aktuell nur ein paar Tage Kopenhagen mit meiner Schwester und zweieinhalb Wochen Roadtrip durch die Türkei mit einer Freundin fest eingeplant.
  • Die Sache mit dem Zuhause. Wir können uns einfach nicht entscheiden. Immer, wenn wir wieder für ein paar Wochen in Deutschland sind, denken wir darüber nach, uns zeitnah eine Wohnung zu kaufen. Auch, weil wir allmählich über so unsexy Themen wie Altersvorsorge nachdenken. Aber immer, wenn wir dann wieder an einen neuen Ort kommen, an dem es uns gut gefällt, sind wir uns bezüglich unserer Pläne nicht mehr so sicher. Theoretisch könnten wir schließlich noch viele Jahre, vielleicht sogar für immer, weiterhin um die Welt reisen beziehungsweise unseren Wohnsitz einfach regelmäßig wechseln. Was das angeht, sind wir wirklich immer noch kein bisschen schlauer.
  • Die Sache mit der Arbeit. Wie sagt man immer so schön? Schuster, bleib bei deinen Leisten. Und genau deswegen habe ich im letzten Jahr meinen Online-Deutschunterricht weiter ausgebaut und in den letzten Monaten zusammen mit Simon eine Software mit einem integrierten digitalen Lehrwerk für Deutsch als Fremd-/Zweitsprache entwickelt, die seit einer Woche auf dem Markt ist. Das Bloggen bleibt für mich also schlicht und einfach ein Hobby. Ach ja, Simon hat im letzten Sommer übrigens eine GmbH gegründet und berät seitdem Unternehmen in IT-Fragen und programmiert maßgeschneiderte Software für seine Kunden.
  • Die Sache mit den Freundschaften. Eines hat uns unser Lebenswandel ziemlich schnell gezeigt: Für manche Leute war das offenbar so krass, dass sich einige von uns abgewendet haben. Das ist aber nicht schlimm, denn jetzt wissen wir, wer unsere wirklichen Freunde sind und auf wen wir immer zählen können. Mal ganz abgesehen davon, dass es unglaublich schön ist, an so vielen Orten neue Menschen kennenzulernen, Erfahrungen auszutauschen und sich oft Monate später an einem anderen Ort auf der Welt wiederzutreffen. Mit Steve vom Jakobsweg stehe ich zum Beispiel immer noch in Kontakt und gerade neulich haben Simon und ich ein paar tolle Tage mit Mario, der damals in Paris mein bester Freund war, verbracht. Für uns ist es unglaublich wichtig, zwar neue Leute kennenzulernen, aber auch die Beziehungen zu denen zu pflegen, die uns am wichtigsten sind. Und die sind uns auch gar nicht böse, wenn man sich nur alle paar Monate mal sieht und dann einfach wieder da anknüpft, wo man beim letzten Treffen aufgehört hat.
  • Die Sache mit der Zufriedenheit. Ehrlich gesagt stehen wir uns oft noch selbst im Weg. Eine Sache, an der wir ganz besonders zu knabbern haben, ist unser beschissener Perfektionismus. Für viele mag das auf den ersten Blick wie eine Stärke klingen, für uns ist es aber eher ein Fluch. Egal, wie viel wir schon geschafft haben und wie viel wir gut können: Unseren eigenen hohen Ansprüchen an uns selbst wird es nur selten gerecht. Und so kämpfen wir tagtäglich mit der Angst, nicht gut genug zu sein, und dem Drang, noch mehr zu arbeiten und zu leisten. Denn solche Probleme reisen natürlich mit und lassen sich nicht zu Hause in einer Box aufbewahren. Aber ich würde sagen, wir machen Fortschritte und schaffen es mittlerweile auch endlich, planmäßig Feierabend zu machen und uns Zeit für regelmäßige Hobbys zu nehmen. Ich habe zum Beispiel gerade angefangen, Türkisch für meine Reise in die Türkei zu lernen. Und die Ukulele steht auch bereit – das war eigentlich schon letztes Jahr mein Plan.

Du siehst also: Es war viel los. Vieles hat sich geändert, vieles ist ganz anders gekommen, als wir es ursprünglich gedacht hatten. Aber auch das ist nun mal Teil des Lebens und wir haben unglaublich viel über uns, zwischenmenschliche Beziehungen, fremde Kulturen und andere Lebensweisen gelernt. Entschuldige also bitte, dass ich dich letztendlich doch nicht auf die komplette Reise mitgenommen habe. Das hätte einfach nicht funktioniert, denn das, was unsere Reise bisher war, lässt sich nur sehr schwer in einen Reiseblog verpacken, sondern vielleicht eher irgendwann mal in ein Buch zum Thema Selbstfindung.

Schöne Grüße aus Spanien!
Wer weiß, von wo aus ich beim nächsten Mal schreibe.